Eine kleine Landeskunde
von Renate Eisel

 
Staat:
Mali ist seit 1960 ein unabhängiger Staat; davor war es 80 Jahre lang französische Kolonie. Der Name des Landes geht zurück auf das große mittelalterliche Reich Mali, das über einige Jahrhunderte Bestand hatte. Das moderne Mali hat ein parlamentarisches Regierungssystem; das Land gilt als Vorzeigedemokratie in Westafrika
Landesnatur:
Mali ist ein Binnenland, zwischen Sahara und tropischem Regenwaldgebiet gelegen, gegliedert in Savanne, Sahel und Wüste. Etwa 60 % der Landesfläche sind wüstenhaft; außerdem sind ca. 20 % der Staatsfläche, v.a. in der Sahelzone, durch menschlich verursachte Desertifikation geschädigt. Ein ökologisches Unikat ist das Binnendelta des Flusses Niger, das regelmäßig nach der Regenzeit ein Areal von mindestens 20.000 km² (140x140 km) überflutet. Weite Schwemmlandebenen, durchzogen von vielfach verzweigten, oft seenartig erweiterten Flussarmen von Niger und Bani kennzeichnen die Deltalandschaft
Bevölkerung:
Mali ist dreieinhalbmal so groß wie Deutschland und hat etwa 13 Mio. Einwohner (letzte Zählung 1998: 9.790.492 Einw.). Das Bevölkerungswachstum ist mit 2,9 % relativ hoch; fast die Hälfte der Bevölkerung ist jünger als 15 Jahre. Mali ist ein multiethnisches Land mit mehr als 20 verschiedenen Völkerschaften, die ihre eigene Sprache, ihre spezifischen anthropologischen und ethnologischen Merkmale und häufig auch ihren eigenen Lebensraum haben. Die größte Volksgruppe sind mit etwa 50 % die Bambara, deren Sprache, das Bamanako, somit auch die am weitesten verbreitete Sprache des Landes ist. Etwa 80 % der Malier sind Muslime, 19 % sind Anhänger von Naturreligionen, 1 % sind Christen. Unabhängig von der Religionszugehörigkeit ist der Glaube an Hexerei und Magie in den Herzen der Menschen tief verankert. Nur ein Drittel der Bevölkerung lebt in Städten. Bamako, die Hauptstadt Malis, ist mit fast 1,5 Mio. Einwohnern die einzige wirklich große Stadt des Landes, die sich allerdings einen dörflichen Charakter bewahrt hat. Zwei Drittel der Menschen leben in Kleinstädten, in Marktflecken oder Weilern
Wirtschaft:
Die Wirtschaft Malis ist dementsprechend einseitig agrarisch geprägt. 80 % der Malier arbeiten in der Landwirtschaft. 2 % der Landesfläche sind Ackerland; 24 % sind Wiesen und Weiden, 5 % sind Waldgebiete. Für Getreideanbau und Weidewirtschaft spielt das Binnendelta des Niger eine große Rolle. Über Jahrzehnte war Baumwolle, die in sehr guter Qualität produziert wird, der wichtigste Exportartikel, gefolgt von Vieh (Zeburinder). Inzwischen sind die Goldvorräte im Süden des Landes der größte Lichtblick für die wirtschaftliche Entwicklung. Gold macht bereits 50 % des Exportes aus; weitere 30 % entfallen auf Baumwolle.
Gesellschaft:
Auf dem "Index der menschlichen Entwicklung" der UNO, der die Staaten mit dem geringsten Lebensstandard auflistet, figuriert Mali auf Platz drei (hinter Niger und Sierra Leone) = Rang 175 von 177 beurteilten Ländern. 73 % der Bevölkerung müssen mit weniger als einem US-$ pro Tag auskommen (Zahl von 2003). Die Lebenserwartung liegt bei 48 Jahren. Nur 2 % der Bevölkerung sind 65 Jahre alt oder älter. Nur 45 % der Bevölkerung haben Zugang zu sauberem Trinkwasser. Die tägliche Kalorienzufuhr liegt durchschnittlich 30 % unter dem erforderlichen Minimum; 28 % der Bevölkerung sind unterernährt. Statistisch versorgt ein Arzt 18.400 Einwohner (Deutschland: ein Arzt auf 300 Einw). Nur jeder vierte erwachsene Malier bzw. erwachsene Malierin kann lesen und schreiben. Die Einschulungsrate betrug im Durchschnitt der Jahre 1995-1999 bei den Jungen 47 %, bei den Mädchen 33 %. Die Kinder, die nicht zur Schule gehen, sind vor allem auf dem Lande zu suchen, wo ihre Arbeitskraft benötigt wird. Aber auch in den Städten kann es sich nicht jede Familie leisten, alle Kinder zur Schule zu schicken.
Soziokulturelle Merkmale:
- Polygamie ist weit verbreitet und wird von Männern wie Frauen als probate Lebensform akzeptiert. Der Mann kann sich aber bei der Eheschließung schriftlich zur Monogamie verpflichten. - Die Beschneidung von Mädchen ist immer noch üblich; weite Bevölkerungskreise zeigen sich resistent gegen Aufklärungskampagnen der Regierung. - Die Gesellschaft ist hierarchisch strukturiert. Klientelwesen und soziale Netzwerke sind die wichtigsten Überlebensmechanismen.